Für die Saison 2011 hatte ich mir eine schwierige Aufgabe gestellt. Ich wollte die fünf schwersten bekannten Karpfen meines Hausgewässers fangen. Ein ehrgeiziges Ziel und interessante Herausforderung, zumal keiner der Fische weniger als 25 kg auf die Waage bringt.....

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Da bin ich nun also wieder und schreibe nach einer langen schöpferischen Pause einen neuen Bericht für ein Printmedium. Der tragische Tod meiner über alles geliebten Partnerin im Juli des Vorjahres hatte mich schwer gezeichnet. Ich hatte Eva an eine heimtückische Krankheit mit dem Namen Krebs verloren. Dieses Ereignis zog mir damals buchstäblich den Boden unter den Füssen weg. Meine Welt war ein einziger Trümmerhaufen und der Rückhalt meiner Familie und meiner Freunde war das einzige, was mich in dieser Zeit aufrecht hielt. Eva war ja so viel für mich gewesen: meine große Liebe, meine Partnerin und Lebensmensch, mein Anker in der stürmischen See des Lebens. Sie hatte für meine Fischerei immer Verständnis gehabt und ich habe sie dafür umso mehr geliebt. Und nun war sie plötzlich nicht mehr da und mein Leben ein einziges Chaos. Verzeiht mir diesen emotionalen Rückblick, aber es ist mir ein persönliches Anliegen ihr diese Zeilen zu widmen. Es ist meine Art  DANKE zu sagen, für ihr Verständnis, ihre Toleranz und die Geduld die sie meinem Angeln entgegenbrachte...

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Ich bin also abgetaucht und bin wohl auch ein anderer geworden. Karpfenangeln interessierte mich überhaupt nicht mehr. Das Feuer des Carp Fevers war erloschen. Dann und wann flackerte es zwar kurz mal auf und zwang mich ans Wasser. Ich versuchte dort an Vergangenes anzuknüpfen. An die vielen schönen Stunden am Wasser, in denen ich mich einfach nur glücklich gefühlt hatte. Doch es funktionierte nicht. Nichts war mehr wie zuvor. Ihr Tod hat in meinem Leben so viel verändert. Ich hatte Erfolge, fing gute Fische und dennoch... meine Freude war sehr verhalten. Wenn ich in mich hineinhorchte konnte ich sie kaum fühlen. Da war nichts als dumpfe Leere... Dann kam der Winter und ich gewann wohltuenden Abstand zur Fischerei. Langsam formten sich Gedanken zur nächsten Angelsaison, nahmen langsam Gestalt an. Gleichzeitig fühlte ich so etwas wie "Vorfreude". Ich freute mich darüber und wusste dass ich am richtigen Weg war. Denn Vorfreude ist doch die schönste Freude, so sagt man.

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Erste Pläne

Jänner 2011. Ich sitze alleine zu Hause und schmiede erste Pläne für die bevorstehende Saison. Plötzlich kommt er mir, der Gedanke. Eine verrückte Idee und Herausforderung, an der ich immer mehr Gefallen finde. Mit dem Ziel, in der kommenden Angelsaison die BIG FIVE, die fünf schwersten bekannten Karpfen meines Hausgewässers zu fangen ! Mein Hausgewässer ist eine alte Kiesgrube mitten in der idyllischen Stockerauer Au, nördlich von Wien. Viele Geschichten wurden schon über diesen wunderschönen See geschrieben und noch mehr erzählt. Etliche Karpfenanglergrößen wie Steve Briggs, Simon Crow oder Ronny de Groote haben dort schon geangelt. Der See beherbergt fünf bekannte große Karpfen, keiner leichter als 25 kg. Ich will also versuchen, alle fünf in einer Saison zu fangen und diese Idee begeistert mich zunehmend, je öfter ich darüber nachdenke. Meinem Angelpartner erzähle ich von der Idee. "Das ist verrückt" meint er, um dann in einem Nachsatz "Verrückt, aber nicht unmöglich" hinzuzufügen. So ist eine wunderbare Idee geboren ! Eine Idee die mich oft in meinen Gedanken und Visionen begleitet und so in mir lebt.

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Endlich wieder am Wasser

Im April bin ich dann nach einem langen Winter die ersten Male am Wasser und führe mit dem Boot die ersten Locations durch. Endlich wieder nach langer Zeit am Wasser! Die warme Aprilsonne wärmt meine Haut und ich fühle mich wohl. Auf Anhieb finde ich einige große Fische an den bekannten Frühjahrsstellen. Sie stehen dort ruhig an der Oberfläche und sonnen sich. Der See ist mit 3,5 Hektar ja nicht allzu groß, das Wasser glasklar und  die Location daher auch nicht allzu schwierig. Ende April greife ich dann mit meinem Partner Rudi zum ersten Mal an und wir sind auf Anhieb erfolgreich. Wir fangen insgesamt fünf Fische und mit 20 und 21 Kilogramm sind auch zwei 20plus Fische dabei. YESSS.... Einmal mehr ist ein 24mm Dragon Blood Boilie der Renner und verhilft uns zum Erfolg.

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Eine grenzüberschreitende Freundschaft

Dieser schnelle Erfolg gibt mir großen Auftrieb. Habe ich doch für Anfang Mai einen Gast aus Deutschland geladen! Ralf Konopke, der angelnde Chirurg den ich durch das Karpfenanglerboard Carphunter.at kennengelernt habe, wird mich besuchen und als Gast mit mir am See angeln. Ralf ist ein feiner Kerl, auf den man sich zu 150 % verlassen kann. Deutsche Gründlichkeit eben. Darüber hinaus finde ich es einfach schön, dass unser Karpfenanglervirus völkerverbindende Eigenschaften hervorruft. Und so kommt es, dass ein Germane und ein Ösi gemeinsam den Karpfen nachstellen. Ich bin dann schon einen Tag vor Ralf dort, um alles vorzubereiten. Die Nacht vor seinem Eintreffen fische ich auch schon. Es ist eine klare Nacht mit einem überwältigenden Sternenhimmel. Fasziniert schaue ich hinauf. Diese unendliche Weite ! Abertausende von Sterne und umso länger man späht umso mehr Himmelsgestirne erblickt man. Unweigerlich muss ich In solchen Momenten immer an Eva denken. Ob sie jetzt irgendwo da oben ist und zu mir herunterschaut ? Ich fühle wie sehr sie mir fehlt und weiß, dass ich sie immer lieben werde... Es dauert gar nicht lange und ich spüre, wie die altbekannte Traurigkeit in mir hochsteigt. Diese Traurigkeit war mein ständiger Begleiter in den letzten Monaten. Ich frage mich: Wird mich diese Traurigkeit nun mein weiteres Leben lang begleiten ? Nein Schluss jetzt, ich versuche die traurigen Gedanken abzuschütteln, trinke mein Bier aus und gehe schlafen. Vielleicht passiert ja noch etwas in dieser Nacht und da möchte ich fit sein.  Und wirklich, irgendwann frühmorgens werde ich unsanft geweckt. Biiiiiiieep........... Vollrun !!! Ich springe auf, bin schnell bei der Rute. Dennoch ist der Fisch schon in die Seerosen geflüchtet und steckt fest. Ich ziehe alle Register und kann ihn dann wirklich aus dem Seerosenfeld herausführen. Danach geht der Drill im Freiwasser weiter. Da es im See zahlreiche Hindernisse gibt, drillen wir die Fische vom Boot aus, was natürlich einige Vorteile bringt. Nach langem und hartem Drill klappt dann bereits der erste Kescherversuch und die Maschen umschließen den massigen Körper eines Fisches. Ein kurzer Blick von mir mit der Taschenlampe in den Kescher und ich erstarre: ich habe soeben "Big Mama", den größten Schuppenkarpfen des Gewässers gefangen ! YESSSS.......... ITS GREAT........ YEAR !!! Ich freue mich sehr und es tut verdammt gut, dieses schöne Lebensgefühl wieder einmal zu verspüren. Die Abwaage ergibt dann 29,50 kg und das bedeutet für mich neuen Personal Best !! Schnell wird mir klar, dass ich den schwersten Karpfen des Sees gefangen habe. Oh Mann, was für ein Saisonstart...

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Am nächsten Morgen muss ich dann natürlich Ralf informieren. Ralf ist völlig fassungslos über diese Meldung: "Was haste schon wieder gefangen ? Das ist ja völlig unpackbar !" Wenige Stunden später trifft er auch schon ein und kann mir persönlich zu meinem Erfolg gratulieren. Die Session mit Ralf verläuft dann zunächst nicht ganz so rosig wie wir uns das vorgestellt haben. Es ist zu warm und irgendwie wollen die Fische nicht so recht. So ist ein Spiegler mit 19 kg den ich gefangen habe unsere einzige Ausbeute. Doch für die letzte Nacht habe ich große Hoffnung, da auch ein Wetterwechsel bevorsteht. Gegen Abend kommt ein Sturm auf und es wird ungemütlich. Ich sitze gerade mit Ralf im Zelt zusammen, als sein Bissanzeiger nervös anschlägt. Auch dieser Fisch steckt zunächst in den Seerosen fest, ehe er ins Freiwasser flüchtet. In der Zwischenzeit hat es zu regnen, nein vielmehr zu schütten begonnen. Der Drill des Fisches nimmt dann geraume Zeit in Anspruch und wir werden bis auf die Haut durchnässt. Der zweite Kescherversuch klappt und nach einem kurzen Blick in den Kescher sage ich zu Ralf: "Gratuliere, Du hast gerade Parolympics gefangen". Parolympics ist auch einer der BIG FIVE und hat seinen Namen von einer verkrüppelten Schwanzflosse. Diese ist nur zur Hälfte vorhanden, dennoch ist dieser Fisch einer der kampfkräftigsten Karpfen im See. Dieser Fisch war einer der Lieblingsfische von meinem leider allzu früh verstorbenen Freund Kurt Grabmayer, der ihm auch den Namen gegeben hatte. Ralf ist außer sich, hat er doch mit dem  Fang dieses Fisches mit einem Gewicht von 24,90 kg nun auch einen neuen Personal Best.

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Ich freue mich mit ihm und bin froh, dass sich nun doch noch alles zum Guten gewendet hat. Nachdem alles erledigt ist und der Fisch releast wurde, ziehen wir uns trockene Sachen an und sitzen bei einem Bier zusammen. Es ist eine eigenartige Stimmung. Strömender Regen prasselt auf unseren Schirm. Satt und zufrieden sitzen wir da und gedenken still unser beider Freund Kurt Grabmayer. Plötzlich sagt Ralf: "Weißt Du was ? Den Fang von Parolympics widme ich Kurt, weil er doch auch sein Lieblingsfisch war". Ich bekomme Gänsehaut. Es ist ein wirklich schöner und denkwürdiger Augenblick. Das macht Karpfenangeln mit Freunden aus, denke ich mir. Ich nicke Ralf zustimmend zu und gemeinsam sitzen und schweigen wir weiter, um dem Prasseln der Regentropfen zu lauschen. Am nächsten Tag kann Ralf glückstrahlend die Heimreise antreten. Die Details dieser Geschichte könnt ihr übrigens im Blog von Ralf nachlesen, unter http://www.konofishing.blogspot.com/p/sessions-2011.html.

Nochmals Parolympics

Für den Rest des Monats Mai und auch im Juni zeigen sich wechselnde Erfolge. Ich fange zwar einige Fische, es ist in Folge aber keiner der Zielfische dabei. Gleichzeitig verbringe ich auch einige Zeit an meinem neuen Zweitgewässer. Dieses große Gewässer liegt mitten in Wien und beherbergt tolle Fische. Leider ist es auch das Freizeitparadies schlechthin und so gibt es viele Störfaktoren welche das Angeln erschweren. Darüber hinaus gibt es sehr viel Kraut. Dauerhaft erfolgreich zu angeln erfordert viel Einsatz und Zeit. Dennoch habe ich mir auch für dieses Gewässer ein klares Ziel gesetzt. Ich möchte in der laufenden Saison meinen ersten 20plus fangen ! So fange ich einige Fische in dieser Zeit und komme bis 17,50 kg. Ende Juni erlebe ich dann mit meinem Angelpartner Rudi wieder eine Traumsession in Stockerau. Die Fische sind aktiv und so fangen wir in drei Tagen/Nächten insgesamt sieben Fische. Ein alter Bekannter ist auch wieder dabei: dieses Mal fange ich Parolympics, mit einem Gewicht von genau 25 kg. Somit habe ich  nun meinen zweiten Zielfisch erfolgreich gelandet !

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Erfolg am Zweitgewässer

Tja und der Juli beginnt dann so wie der Juni geendet hat, mit einem großen Erfolg für mich. In einer stürmischen regnerischen Nacht sitze ich bei richtigem Sauwetter ganz alleine am Zweitgewässer und fange endlich meinen ersten 20plus, einen Spiegler mit 20,20 kg. YESSSSS............ ITS DONE...........!!!  Ich habe einen guten Job gemacht, meinen Zielfisch gefangen und kann mich nun satt und zufrieden zurücklehnen.

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"Haben fertig" würde der italienische Fußballtrainer Trapattoni sagen. Es ist mein erster 20iger hier... dennoch wollen sich diesmal keine überschwänglichen Gefühle einstellen. Schräg gegenüber wird in einem kleinen Gartenhaus abgefeiert. Der Alkohol fließt in Strömen und grelle laute Partystimmung macht sich breit. An Schlafen ist nicht zu denken. Gegen zwei 2 Uhr früh eskaliert die Stimmung dann, schlägt in Aggressivität um. Die ersten Jugendlichen verlassen die Party und ziehen grölend durch die Gasse in der mein Auto parkt. Kurz darauf höre ich lautes Krachen und sehe,  wie die Typen wie verrückt auf irgendetwas einschlagen und dann davonlaufen. Spätestens jetzt habe ich genug und packe schnell zusammen. Fluchtartig räume ich das Feld, schließlich sind ja noch sicher weitere 30-40 volltrunkene Gestalten im Haus. Da gibt es sicher noch Ärger... Das Risiko eine Beschädigung am Auto einzufangen ist mir auch zu groß. Zum Glück ist mein Wagen noch unbeschädigt. Endlich zu Hause angekommen folgt Ernüchterung. Ja, ich habe in dieser Nacht meinen Zielfisch gefangen, doch mit solchen Begleitumständen macht Angeln keinen Spaß.

Der lange Schuppi

Mitte Juli bin ich dann wieder einmal unter der Woche für eine Nacht an meinem idyllischen See in Stockerau. Es ist ziemlich heiß und ich fische nur mit einer Rute, die ich unweit vom Ufer ablege. Die ganze Nacht über bleibt mein Bissanzeiger stumm. Als mich meine innere Uhr frühmorgens aufweckt ist es noch dunkel draußen, aber es beginnt allmählich zu dämmern. Es ist genau die Zeit, in der die Karpfen hier sehr aktiv sind. Ich schleiche mich aus dem Zelt und genieße den Morgen. Es ist herrlich, die Luft ist frisch und sauber. Das Dunkel der Nacht weicht langsam dem zögernden Licht des Tages. Ich sitze gebannt auf meinem Stuhl und warte. Vögel zwitschern, Fische steigen - Magie ist in der Luft. Und dennoch... es passiert nichts. Ich nicke wohl ein wenig ein und als ich wenig später wach werde ist es taghell. Schade... denke ich, es wäre doch zu schön gewesen. Die Arbeit ruft und so mache ich mich daran, Liege und Zelt abzubauen. Plötzlich meldet mein Delkim fünf schnelle Pieper hintereinander und verstummt dann wieder jäh. Also doch....? Als kein weiterer Ton folgt gehe ich zur Rute um nachzusehen. Die Schnur ist zwar durchgespannt, aber das ist auch schon alles. Ich beobachte die Rutenspitze ein, zwei Minuten lang, aber nichts passiert. Egal denke ich, die kannst Du gleich einholen, auf die paar Minuten kommt es auch nicht mehr an. Doch was ist das ? Als ich die Rute anhebe habe ich Fischkontakt ! Etwas biegt die Rute zu einem Halbkreis und nimmt dann unaufhörlich Schnur und bewegt sich in Richtung Seemitte. Ich bin verblüfft. Als ich dann den Fisch nach einiger Zeit und hartem Drill keschere, komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Ist es doch "der Lange", ein ellenlanger  Schuppi mit 112 cm, den ich da gefangen habe. Das ist der zweitgrößten Karpfen des Sees !!! Die Waage zeigt dann 28,10 kg an.

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Stockerau hat es wieder einmal geschafft: ich bin fassungslos ! Das Fotografieren dieses Ausnahmefisches wird dann ganz alleine mit Selbstauslöser aufgrund der Länge des Fisches mit 112 cm recht schwierig. Doch es geht alles gut und ich bin in diesen Augenblicken nach langer Zeit wieder einmal glücklich.

Der Biss gibt mir allerdings einige Fragezeichen auf. Der Fisch hatte sich offensichtlich gestochen, zeigte aber dennoch kein Fluchtverhalten. Da sich die Rutenspitze auch nicht bewegte habe ich nur eine Erklärung: der Fisch kennt die Gefahr bereits und hat gelernt, dass es für ihn besser ist nicht in Panik zu flüchten. Stattdessen versuchte er anscheinend den Haken in aller Ruhe wieder loszuwerden. Somit erscheint der Fang dieses Fisches etwas glücklich, denn unter normalen Umständen hätte ich die Rute sicher nicht angehoben. Doch ich nehme das Geschenk gerne als Glück des Tüchtigen an. Was zählt ist: ich habe nun tatsächlich bereits meinen dritten Zielfisch gefangen und nun fehlen mir nur noch zwei der BIG FIVE ! Es sind dies der größte Spiegler des Sees, der etwa 27 kg auf die Waage bringt und "Stummel", ein langer Schuppi mit einem Gewicht um die 25 kg.  Ich habe diesen Fisch deshalb auf "Stummel" getauft, da sein besonderes Merkmal der verkürzte erste Strahl der Rückenflosse ist.

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Zwei fehlen noch

Natürlich mache ich mir in den nachfolgenden Wochen viele Gedanken darüber, wie ich denn die anderen beiden Zielfische fangen könnte. Wie sollte es mir möglich sein, zwei ganz bestimmte Fische  aus der Masse der anderen herauszufiltern ? Ich verbringe viel Zeit mit Location und kann an zwei kleinen Spots mehrmals große Fische ausmachen. Beide Spots sind nicht allzu tief (3,5 Meter) und weisen als besonderes Merkmal auf, dass sich in der unmittelbaren Umgebung einige Hindernisse (versunkene Bäume, Seerosen) befinden. Das macht die Aufgabe nicht leichter. Ja und natürlich bin ich mir auch nicht sicher, ob sich einer der Zielfische tatsächlich unter den Gesichteten befand. Da ich im August drei Wochen Urlaub habe, beginne ich mich vorzubereiten und die Spots regelmäßig zu füttern. In meiner ersten Urlaubswoche Mitte August ist es soweit. Die Wetterverhältnisse sind gut, trockenes heißes Sommerwetter ist angesagt. Nachdem wir einen sehr kühlen und nassen Juli hatten, ist die Wassertemperatur mit 22 Grad an der Oberfläche nicht allzu warm - optimale Bedingungen. Kurz vor Beginn meines Urlaubs erfahre ich, dass am Ende meiner ersten Urlaubswoche mehrere eingeladene Angelgäste eintreffen werden. Dies bedeutet für mich, dass ich natürlich unbedingt zuvor angeln möchte. Nachdem wie gesagt die Wetterverhältnisse sehr gut sind starte ich durch und es sollte eine sensationelle Session werden. Am Tag meines Eintreffens am Gewässer ist es sehr heiß, doch für den Abend ist Abkühlung prognostiziert. So beginne ich erst mal gar nicht zu angeln, sondern baue in aller Ruhe alles auf und grille dann gemütlich. Herz was willst Du mehr ? Drei Wochen Urlaub stehen mir bevor. Ich bin am Wasser, das Fleisch schmeckt vorzüglich und es ist einfach fantastisch. Am Nachmittag geht es dann sehr schnell. Dunkle Wolken brauen sich zusammen, starker Wind kommt auf und  Turbulenzen wirbeln die Wasseroberfläche wild durcheinander. Sauerstoff für unsere Freunde.....!! Dann gewittert es ganz kräftig und ich ziehe mich in mein Zelt zurück, beobachte das Schauspiel. Ich angle ja noch immer nicht und bin völlig entspannt. Die anwesenden Angler haben bereits gepackt und die Heimreise  angetreten. Mit den gewittrigen Schauern und dem starken Wind setzt spürbare Abkühlung ein. Saubere, feuchte, kühle Luft ersetzt nun allmählich die dumpfe Schwüle. Einfach kräftig Durchatmen.... herrlich.....!! Nach eineinhalb Stunden ist der Zauber so ziemlich vorbei. Der Regen hat stark nachgelassen und ich weiß, nun ist die Zeit gekommen etwas zu tun. Ich schöpfe noch schnell das Regenwasser aus meinem Boot und fahre dann aus, um meine erste Montage abzulegen. Die kommt genau auf den Spot wo ich einige der ganz Großen gesehen habe. Ich angle in der ersten Nacht mit drei Ruten und wenig später sind alle Ruten ausgelegt und die Waffen scharf. Und dann passiert etwas völlig Unerwartetes. Kaum nach einer halben Stunde Wartezeit läuft wie durch Zauberei die erste Rute ab ! Ich habe nach  dem Aufnehmen der Rute zunächst wieder keinen Kontakt zum Fisch und fahre mit dem Boot raus. Draußen stelle ich dann fest, dass sich der Karpfen im angrenzenden Seerosenfeld  hineingebuddelt hat. Es braucht einige Zeit bis ich die Schnur ausgefädelt habe. Mal läuft sie nach links, dann mal nach rechts aber kurz darauf bin ich frei und habe plötzlich Kontakt zum Fisch ! Es folgt dann ein abenteuerlicher Drill. Der Fisch zieht mich quer übers Wasser. Die Abendsonne taucht den See in goldenes gleißendes Licht und ich genieße jeden Augenblick. Langsam kommt der Fisch höher, setzt aber immer wieder den massigen Körper und sein Gewicht ein. Die Bremse meiner Longcast bekommt jedenfalls einiges zu tun. Als ich wenig später den Fisch über den Kescherrand ziehe, erkenne ich ihn natürlich sofort. Nein, das darf doch nicht wahr sein ! Ich habe Big Mama wieder gefangen, zum zweiten Mal in dieser Saison !! Die Abwaage bringt dann die nächste Überraschung. Die Waage zeigt 30,20 Kilogramm. Unglaublich !!! Schlagartig wird mir bewusst, dass ich den 30iger geknackt habe..... Neuer Personal Best !!!!!

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Ich juble, genieße den Augenblick. ITS GREAT !!! Auch wenn ich meine Freude sehr gerne mit einem guten Freund teile, ist es auch etwas ganz Besonderes diese alleine zu zelebrieren. Ein Wahnsinnsgefühl........ Nach dem Fotografieren und Releasen mache ich mich ans Kontrollieren meiner Montage. Schlagschnur und Vorfach tausche ich gleich mal, das ist klar. Ich will ja kein unnötiges Risiko eingehen. In weiterer Folge läuft es dann extrem gut. Ich fange Fisch um Fisch, die Abkühlung hat bei den Fischen den Schalter wieder einmal auf "Fressen" umgestellt. So fange ich in der darauffolgenden Nacht zunächst einen Spiegler mit 18,90 kg und danach noch einen Schuppi mit 17,50 kg. Das läuft ja traumhaft denke ich mir.  Völlig erstaunt bin ich dann, als auch am nächsten Tag bei Tageslicht eine Rute abläuft ! Eine völlig neue Erfahrung an diesem Gewässer !

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Plötzlich fressen sie auch am Tag und kein Mensch weiß warum

Ich fange nun bei Tageslicht Fisch um Fisch. Wie seltsam ! Das ist völlig untypisch für diesen See, denn in den letzten zwei Jahren habe ich 90 % der Fische in der Nacht gefangen. Und mit jedem gefangenen Fisch steigt meine Hoffnung, dass beim nächsten Biss der ganz große Fisch dabei sein wird. Gegen 15 Uhr, in der größten Hitze des Tages kommt dann die nächste Aktion. Der Fisch fühlt sich ziemlich schwer an und zieht ruhig seine Bahnen. Immer wieder nimmt er Schnur und setzt seinen massigen Körper an. Ich bleibe geduldig, will nicht zuviel Druck ausüben. Die Gefahr des Verlierens ist viel zu groß. Irgendwann kommt der Fisch dann an die Oberfläche und lässt sich über den Kescher ziehen. Jaaaa, es ist der große Spiegler, das erkenne ich gleich. Er ist der größte Spiegler im See und wiegt aktuell 27,10 kg. Ich bin außer mir. YESSSSS...... nun fehlt mir nur noch Stummel, den ich zuletzt vor zwei Jahren gefangen habe.

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Ich füttere meine Spots brav und intensiv weiter, denn es steht mir ja noch ein ganzer Tag zur Verfügung. Dabei verwende ich Boilies verschiedener Geschmacksrichtungen: Whiskey Cream (süß), Dragon Blood (Stinker) und Purple Dream (Fisch), alle in der Größe 24 mm.

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Die Nacht verläuft dann ruhig, frühmorgens geht es jedoch wieder Schlag auf Schlag. Die Fische sind anscheinend in einem Fressrausch, anders kann ich es mir nicht erklären. Ein Spiegler mit 18,60 kg, danach eine Schuppigranate mit 23,80 kg. Es ist einfach unfassbar was da abgeht...........

Gegen Abend dann der nächste Biss und dieser Fisch ist die Krönung. Denn ja, es ist wahrhaftig Stummel den ich da im Netz habe und der 25,60 kg auf die Waage bringt. Mir bleibt der Mund offen und ich weiß eigentlich nicht was ich sagen soll. Dann realisiert der Verstand was das bedeutet und der Jubel bricht aus mir heraus. Ein langer lauter Jubelschrei hallt über das Gewässer. Ich habe mein Ziel erreicht, mein Plan ist aufgegangen. Es ist einfach nur verrückt.............!!!

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Ein kurzer Rückblick

Ich habe bei dieser Traumsession, übrigens die mit Abstand erfolgreichste  meiner gesamten Anglerkarriere, insgesamt 11 Karpfen gefangen. Davon waren drei Fische schwerer als 25 Kilogramm. Zuletzt noch in aller Kürze einige technische Details. Ich habe Stiff-Rigs verwendet, in Kombination mit einem Korda Wide Gape Gr. 4 Barbless. Inlinebleie mit 85 Gramm, zwischen Vorfach und Schlagschnur ein Aquaborne Stretch Out als Leader zwischengeschaltet. Als Dragon Baits Teamangler versteht sich meine Köderwahl von selbst, meine persönlichen Favorits sind die Geschmacksrichtungen Whiskey Cream, Dragon Blood und Purple Dream.

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Es ist also geschafft. Ich habe meine Ziele für 2011 erreicht. Doch was noch viel wichtiger für mich ist: Die große, elementare Freude am Karpfenangeln ist in vielen kleinen Schritten wieder zurückgekehrt und diese Tatsache erfüllt mich mit Glück. Und nicht nur das. Das Carp Fever hat mir in der schweren Zeit nach meinem Schicksalsschlag auch ganz wesentlich geholfen wieder zurück ins Leben zu finden. Was nun ? Ich glaube, dem See in Stockerau werde ich für einige Zeit den Rücken kehren. In meinem Kopf spuken allerdings schon wieder einige neue Ideen herum und erfüllen mich mit Freude. Ja, ich denke es ist an der Zeit, sich wieder einem gänzlich neuen Gewässer zu widmen und einer neuen Herausforderung 2012 zu stellen........

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Robert Roula